Milchkaffee und Schokoladentorte

Gepostet von am Dez 5, 2016 in GeDANKEnwelt

Marie und Julie, zwei beste Freundinnen in den 30ern, zur Zeit kinderlose Singles. Zwei Freundinnen, die sich so regelmäßig wie es nur geht, in ihrem Lieblingscafé treffen, um bei Milchkaffee und Schokoladentorte ihre Herzen und Bäuche auszuschütten. Geschichten, die vielleicht genau so passiert sind. Oder auch nicht. Heute:

Eine Geschichte über Freundschaft, Sex und Liebe

 

Zwei Freundinnen sitzen in ihrem Lieblingscafé. Während sie sich lachend und wie immer Milchkaffee und Schokoladentorte bestellen, wenden sie sich den neuesten Erlebnissen zu. Sie erzählen sich, welche Begegnungen sie hatten, wie es im Job oder anderen Freundschaftsbeziehungen läuft. Alles ist wie immer, fast alles. Marie bemerkt, dass Julie heute öfter als üblich auf ihr Handy schielt. Normalerweise bleiben die Geräte beim Frauenplausch in den Taschen, doch ab und zu kommt es vor, dass eine auf eine wichtige Nachricht wartet und da ihre Treffen meist ein paar Stunden dauern, ist es eine stille Absprache, dass Ausnahmen okay sind.

„Auf was wartest du denn? Eine Terminbestätigung?“ fragt sie ihre Freundin direkt, als diese wieder einmal aufs Display schaut. Anstatt ihr wie gewohnt eine Antwort zu geben, läuft Julie rot an. „Oha!“ ruft Marie aus, „Da ist doch was im Busch! Erzähl, was ist los?“ Ein breites Schmunzeln legt sich auf Julies Gesicht und sie offenbart ihrer Freundin, dass sie einen Mann kennengelernt hat. Obendrein ganz anders, als es sonst passiert. Zack, auf einmal war er da. Er habe sie schon ein paar Mal gesehen, sich nun mutig ein Herz gefasst und sie kontaktiert. Er hat nur wissen wollen, wie es ihr geht, weil er sie ein paar Wochen nicht mehr an den gewohnten Plätzen angetroffen hat. Julie ist dieser Mann gar nicht wirklich aufgefallen, doch dank seiner Erinnerung fiel ihr wieder ein, dass sie sogar schon einmal ein paar Worte gewechselt hatten.

„Ja und? Habt Ihr Euch schon getroffen? Was ist passiert?“ drängelt Marie die Freundin fröhlich, schneller zu erzählen. Julie lächelt über die bekannte Ungeduld ihrer Freundin und fährt ruhig fort, dass sie sich erst ein paar Tage hin- und hergeschrieben haben. Die Chat-Gespräche wurden intensiver und waren immer eins: lustig und leicht. Egal um welche Themen es ging, gab es zwischen ihnen nie die bisher gekannte Schwere. Immer hatte einer von beiden einen lockeren Spruch parat, ohne die Ernsthaftigkeit manchen Momentes zunichte zu machen. Marie lauscht jetzt still. Sie begreift, dass Julie  etwas erlebt, das neu ist und sich die liebe Freundin doch so sehr wünscht. Einen, der mit ihr auf Augenhöhe die Tiefe des Lebens leicht zu nehmen weiß. Ihre Augen strahlen mittlerweile fast so sehr wie die von Julie, so sehr freut sie sich für sie. Und endlich kommt Julie auch zum hochinteressanten Teil.

„Wir haben uns mittlerweile drei Mal getroffen. Keins dieser schrecklichen „Lass uns essen gehen und von der Sahneseite zeigen“- Dates, Marie. Du weißt, ich kann diese Art der ersten Treffen nicht mehr leiden.“ „Ja, du willst sie am liebsten mitten im Leben haben, handwerkend auf einer Baustelle oder Kisten beladen bei einem Umzug helfend.“ lacht die Freundin auf. „Naja, was soll denn dieser ganze Krampf, sich in, im schlimmsten Fall extra gekauften, Outfits in Restaurants oder Kinos zu begegnen? Was weiß ich denn dann von ihm? Dass er beim Essen auch mal kleckert oder sich mir zuliebe die neueste Liebesschnulze anschaut?“ Julie redet sich wie so oft in fröhliche Rage und Marie klopft vor Lachen laut auf die Tischplatte.

„Also, erzähl, wie war es so?“ bringt Marie das Thema wieder auf den Kern. Julies Augen strahlen noch ein bisschen mehr. „Schön. Wir haben viel gelacht und selbst über philosophische Themen total locker reden können. Ich hab ihm ein paar Sternbilder am Himmel gezeigt und er hat mir, viel besser als mein Physiklehrer damals, erklärt, wie Thermodynamik funktioniert. Die Zeit verging immer wie im Flug.“ Julie nippt an ihrem Milchkaffee. „Ja, und?“ fragt Marie mit einem Blick, der klar macht, dass sie nun wissen möchte, wie weit die zwei bei ihren Dates gegangen sind. Julie wird nun vollends rot und gesteht grinsend: „Gestern beim dritten Date, da haben wir das erste Mal unsere Hände gehalten.“ Marie fällt die Kuchengabel aus der Hand. „Wie bitte??? Nicht mal geküsst? Ihr seid doch keine Fünfzehn mehr!“ entfährt es ihr entrüstet.

Jetzt blickt Julie ihre Freundin ernst an. „Marie, ist mein Körper, meine Intimsphäre jetzt weniger wert, nur weil ich erwachsen bin und mit jedem Mann Sex haben könnte, wenn ich nur wollte? Was ist mit uns Menschen los, dass wir den Zauber der Jugend mit Naivität gleichsetzen? Mit Fünfzehn hatte ich die Hoffnung, dass es nur einen einzigen Mann geben wird. Deshalb haben wir es langsam angehen lassen und die Annäherungen genossen. Was ist los mit uns, dass wir mit zunehmendem Alter jegliche Grenzen mit Gebrüll überrennen? Nur, weil wir es jetzt können? Weil es sich so gehört? Du weißt, ich bin nicht prüde, aber ich mag diesen Mann einfach zu sehr, um das Kennenlernen mit schnellem Sex wieder gewöhnlich zu machen. Ganz ehrlich, vielleicht würde es uns nicht schaden, wenn wir uns in bestimmten Dingen an die Weisheit der Jugend erinnern, anstatt unseren Trieben zu folgen oder zu tun, was scheinbar alle tun.“

Julie holt tief Luft und auch Marie´s Gesicht ist ernst geworden. „Verdammt noch mal, du hast recht.“ stimmt sie ihrer Freundin nach kurzem Überlegen zu. Nachdenklich isst sie den letzten Bissen von der Schokoladentorte, während sich Julie einen zweiten Milchkaffee bestellt. Als der Kellner sich auf den Weg macht, um ihn zu holen, grinst er leise in sich hinein. Er kennt die zwei schon länger und weiß, dass dieses Treffen heute besonders lange dauern wird.
Wie es weiter geht? Hier entlang.

 

Freundinnen Sex Liebe Milchkaffee Café

Daw8ID | pixabay.com

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