Ist Selbstliebe der Fahrschein in die Einsamkeit oder der Schlüssel zum wahren Glück?

Gepostet von am Jul 19, 2015 in GeDANKEnwelt

Raubt Selbstliebe den Raum für andere Menschen im eigenen Leben?

 

Ich werde manchmal gefragt: „Kristina, Du scheinst Dich selbst zu lieben, in Dir zu ruhen, so wenig/e zu brauchen, Dir selbst zu genügen. Ist da überhaupt Platz für andere Menschen in Deinem Leben oder gar für DEN EINEN?“ In der Frage schwingen oftmals Skepsis, Neugier und auch echtes Interesse mit. Mancher fragt nur, um seine Interpretation loswerden zu können, nämlich dass all das von mir Gezeigte nicht Echt sei und nur der Versuch, mein mittlerweile langjähriges Single-Dasein zu rechtfertigen oder mir selbst schön zu reden. Ja, mancher maßt sich diese Bewertung an, bevor er mich wirklich kennengelernt hat. Manche Menschen sind so, macht mir aber nichts aus, denn ich weiß, wie es für mich wirklich ist und beantworte die Frage mit einem klarem: „JA.“

 

Wir können nicht nicht in Beziehung stehen

 

Zeit meines Lebens habe ich in Beziehungen gelebt und tue es immer noch, genau wie Ihr. Jeder von uns lebt in so vielen Beziehungen zu Menschen. Ich gehe soweit zu sagen, dass wir mit jedem Mensch in Beziehung treten, der uns begegnet, ob der Kassiererin im Supermarkt, dem Nachbarn oder Automechaniker, dem Passanten auf der Straße. (Und ich gehe noch weiter und sage: Es gibt kein Lebewesen auf diesem Planeten, zu dem wir keine Beziehung haben.) Wir sind uns unserer Beziehungen oftmals nicht bewusst, nehmen sie als selbstverständlich oder hinterfragen sie schlicht und einfach nicht.

 

Schluss mit miesen Beziehungen und Selbstignoranz

 

Ich habe angefangen, sie zu hinterfragen. Ich kam gar nicht drum herum, denn ich machte mich auf den Weg zu mir. Damals wusste ich nicht, dass mein Weg zu mir erst einmal von vielem weg in die Einsamkeit führen würde, zu meinen dunkelsten Schatten, meinen tiefsten Wunden. Ich wusste nicht, dass ich viele Beziehungen beenden (lassen) musste, um viele von ihnen neu eingehen oder wahrnehmen zu können. Ich wusste nur, dass mein Leben ziemlich mies war oder ich sollte wohl besser sagen: meine Beziehungen waren ziemlich mies und am miesesten die zu mir. Ich wusste nicht mehr, wer ich war, was ich vom Leben wollte, wofür ich mich begeistern konnte. Ich brannte nicht mehr für irgendetwas oder irgendwen, ich war ausgebrannt.

 

Selbstverantwortung, Yoga, Vipassana und Mut – mein Weg zurück zu mir

 

Nichts und niemandem konnte und wollte ich mehr die Schuld geben für die Misere, die mein Leben geworden war. Ich lernte, wie ich mich zu Asche zerfallen lasse, um wie Phönix aus derselben steigen zu können. Ich musste Beziehungen beenden oder bereinigen. Vor allem die verkorkste Beziehung zu mir. Das tat ich mithilfe von Yoga und Vipassana und großem Mut, viele Dinge anders zu betrachten und zu machen. Ich zerfiel zu Asche, mehrere Male. Das war ein Prozess, der lang, oft schmerzhaft und gleichermaßen so bereichernd war und ist. Das ganze Leben ist ein Prozess und immer wieder gibt es etwas Neues an sich und anderen, in der Welt zu entdecken. Doch aus riesigen Flächenbränden sind kleine Stichflammen geworden, die mit Achtsamkeit und Bewusstsein schnell zu löschen oder als Lichtanzünder zu nutzen sind.

 

Erfahrene Lieblosigkeit war mein Katalysator

 

Ich hatte nicht viel Liebe erfahren in diesem Leben und vielleicht bin ich genau deshalb in der Lage, so tief zu lieben, dass manchem schwindlig davon wird, er nicht glauben kann, dass diese Liebe echt ist. Nach all den Jahren spüre ich heute so viel Liebe in mir, wie noch nie zuvor in diesem Leben. Ich spüre sie für mich und noch mehr für all die Menschen in meinem Leben, jedes Wesen auf diesem Planeten und da, wo sie noch nicht fließt, schaue ich hin, lösche Brände, zerfalle zu Asche und stehe neugeboren auf. Für mich war Liebe immer das höchste Gut, die stärkste Kraft und Lösung für alles. Ich musste mir meine Schwäche erlauben, um in meine Kraft zu kommen. Eine Kraft, die es ermöglicht, alles und jeden zu lieben und sein zu lassen.

 

Ich möchte mich jeden Tag neu verlieben. In mich, das Leben und andere

 

Ja, ich liebe mich selbst, jeden Tag ein bisschen mehr. Noch ist es ein Gefühl von frisch verliebt sein. Noch betrachte ich mein Denken, Fühlen, Handeln, mein ganzes Sein mit neuen und staunenden Augen, entdecke Vertrautes, Verlorengeglaubtes, Altes, das gehen darf. Während ich das tue, bin ich keineswegs in mir verkapselt, sondern atme mit jeder Pore meines Körpers und jedem Atemzug Liebe aus und ein. Ja, das erscheint manchen Menschen suspekt oder lässt sie neugierig in Kontakt treten. So mancher scheint sich daran die Finger zu verbrennen, weil er selbst auf Sparflamme liebt oder so verbittert ist, dass er die Liebe aus seinem Leben verdammt zu haben scheint.

 

Selbstliebe führt zum wahren Glück

 

Diese tiefe Liebe ist nur dann lebendig, wenn sie gelebt wird. Das tue ich, so gut ich kann, jeden Tag ein bisschen mehr. Ich bin liebevoll zu mir und anderen, ganz gleich in welcher Beziehung ich zu ihnen stehe. Denn was wäre diese Liebe, empfände ich sie nur für mich? Ich habe am eigenen Sein erfahren, dass wahre Liebe zu anderen erst dann möglich ist, wenn die Beziehung zu sich selbst liebevoll ist. Umso mehr ich mich mit der Beziehung zu mir beschäftigte, umso mehr Platz wurde da für andere Menschen. Klingt paradox und genau das ist das Leben. Ich weiß, dass da draußen Menschen sind, wohl auch DER EINE, die stark genug sind, sich zu öffnen, ihre Herzen wieder fühlen zu lassen, sich selbst zu begegnen oder es schon getan haben. Ich weiß, wir finden uns immer öfter. Ich bin mir mittlerweile ganz sicher, dass es so ist, dass das Unmögliche möglich ist, denn heute liebe ich mich. Und diese Selbstliebe schafft so viel Raum, wie das Meer weit ist. Probiert es aus, es lohnt sich!

 

Wie komme ich aus der Einsamkeit wieder heraus? Mehr dazu hier: Einsamkeit ist nicht gleich Alleinsein

 

Selbstliebe

Girl In Water | by splitshire.com

 

2 Kommentare

  1. 10-17-2015

    Ja, die gesunde Selbstliebe erfüllt das Herz so kräftig, daß man manchmal so viel Glück in sich spürt. In solchen Momenten möchte man die ganze Welt umarmen.
    Ich denke, erst wenn die Selbstachtung und -liebe eingezogen ist, ist man wahrhaft liebesfähig. Und das auf allen Ebenen, vom kleinsten Wesen bis zur „großen Liebe“.
    Beim Lebensrückblick auf unreifere Zeiten könnte man meinen:
    Wir gehen oftmals Beziehungen ein, weil wir meinen, damit unsere eigene fehlende Liebe ausgleichen zu können.

    • 11-23-2015

      Die Liebesfähigkeit ist in uns, sie ist unser Naturell. Es braucht wohl nur eine Weile Rückzug, um sich der eigenen Liebesfähigkeit zu erinnern, damit diese dann in die Welt hinaus fließen kann.
      Wir gehen oftmals Beziehungen ein, weil wir uns nach Liebe sehnen, sie geben und nehmen wollen. Doch leider versuchen so viele von uns, erneuten Schmerz zu verhindern, statt durch bisher erlebten hindurch zu gehen. Das führt wohl dazu, dass viele Beziehungen eher Vermeidungsstrategien beinhalten, statt ein wahrhaftes Geben & Nehmen, statt wahrhaft gelebte Liebe zu sein. Und wozu führt das wohl? Genau, zu noch mehr Schmerz, der auf diesem Wege sehr schnell zu Leid wird. Und ruckzuck wird aus vermeintlicher Selbstliebe schnell mal Selbstmitleid. Und so leiden wir aus Angst vor Schmerz, Verlust und Nähe in Beziehungen vor uns hin und sehnen uns nach Liebe, wie kleine Kinder. Oder resignieren, wie kindische Erwachsene.
      Ziehen wir uns ab und an mal zurück, und ziehen aus in unser eigenes Sein mit all den Schmerzen, Ängsten und all den anderen Erfahrungen. Wandern wir durch unsere inneren Täler, Höhlen und Moraste. Dann wird uns wieder klar, dass auch all die Gipfel, offenen Weiten und saftigen Wiesen in uns sind. Dann hält die Liebe auf der Welt wieder Einzug. 😉

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