Von Definitionen, Kunst und Menschsein

Gepostet von am Okt 23, 2014 in GeDANKEnwelt

Gestern hatte eine liebe Freundin von mir ein Problem. Nein, richtig ist zu sagen, sie durchläuft einen Prozess, der ihr in den letzten Tagen zu schaffen machte. Gestern hat sie sich dann getraut, mich mit einzubeziehen. Sie schrieb mir über den Tag verteilt die ein oder andere kurze Nachricht über Facebook oder per SMS. Ich habe getan, was ich immer tue, wenn sich mir ein Mensch anvertraut: ich war für sie da. Las oder schrieb ich eine Nachricht, war es das Wichtigste, was ich gerade tat. In diesen bewussten Momenten (die übrigens jede Sekunde unseres Lebens, ob mit oder ohne Probleme, reich, bunt und lebendig machen) nehme ich mit allen Sinnen, die mir zur Verfügung stehen wahr, wie es dem anderen Menschen gerade geht, was er zwischen den Zeilen schreibt (oder sagt), wie er sich fühlt, was er gerade selbst nicht erkennt oder erkennen will. Ich schreibe (oder sage) dann oftmals etwas, das dem anderen hilft, sein Problem mit anderen und doch ganz eigenen Augen zu betrachten und sich dadurch ein Stück weit mehr zu sehen, sich wieder mehr zu spüren und zu fühlen. In den meisten Fällen weiß er dann ganz von selbst die Lösung für sein Problem. Oder, was ihm gerade gut tun würde. Ob er die Lösung umsetzt oder sich den Raum gibt, Dinge anders zu tun als sonst oder în gewohnten Bahnen bleibt, entscheidet dieser Mensch selbst. Mir ist es gleich, was er als nächstes tut, ob er meinen Impulsen folgt oder so weiter macht wie bisher. Es ist das Leben des anderen, nicht meines. Es ist sein Weg, nicht meiner. Ich akzeptiere seine Entscheidung, freue mich für ihn, denn er hat eine vermeintliche Hürde genommen. Und ich bin wieder für ihn da, so denn er sich mir anvertraut, offen für die neue Situation, frei von Wertung.

Dabei spielt es selten eine Rolle, ob der Mensch direkt vor mir steht, wir per Telefon kommunzieren oder eben in schriftlicher Form oder wie lange wir uns kennen. Öffnet sich der Mensch, bekomme ich eine Verbindung zu ihm. Ich sehe, fühle, spüre, wie es ihm geht, was ihn bewegt oder bremst. Ich könnte dieses mein Tun definieren wollen (habe es auch eine Zeit lang versucht). Bin ich Medium? Heilerin? Freundin? Hochbegabt oder-sensibel? Bin ich einfach nur ein guter Coach oder eine, die kinderlose Mutter ist und wurzelgebend Flügel verleiht? Ich weiß es nicht. Oder vielleicht stimmt eher, dass ich mich sträube, mir selbst eine solche Definition zu verpassen, die mir unzureichend erscheint, falsche Erwartungen beim Gegenüber wecken könnte. Definitionen bezeichnen, doch sie beschränken, begrenzen auch. Menschen stecken einen dann oftmals in Schubladen. Ich habe es ja lange genug selbst versucht, mich jedoch in keiner wirklich lange wohlgefühlt. Mich nicht zu definieren erscheint mir am angenehmsten. Wobei ich mich ja selbst als „Künstlerin“ bezeichne. Diese Definition ist die einzige, die mir im Moment ausreichend Raum gibt, mich in all meinen Facetten zu bewegen, zu sehen.

Habt Ihr schon mal versucht, relativ undefiniert durchs Leben zu gehen? Es fühlt sich toll an, befreiend. Jedoch ist es nicht ganz leicht, mit gesellschaftlichen Systemen, Normen in Kontakt zu bleiben, Teil davon zu sein, zumindest erlebe ich es so. Ich habe oftmals das Gefühl, nur wenige Menschen wissen, dass es mich gibt. Und die, die es wissen, nehmen nur selten Kontakt zu mir auf oder erkennen, welche Bereicherung eine gemeinsame Begegnung sein kann. Ich mache mir oft Gedanken, woran das liegt und welcher Teil davon meine (Lern)Aufgabe ist. Könnte es auch einfach daran liegen, dass wir von etwas Definiertem eine verstandesgemäße Vorstellung haben? Für Undefiniertes braucht es meistens viel Offenheit und Vertrauen. Geht mensch zu einem Coach, hat er eine Vorstellung, was passieren könnte. Wendet mensch sich an einen Partner, Freund hat er eine Vorstellung, was dabei rauskommen mag. Nimmt mensch Kontakt zu einem Medium auf, hofft er auf Antworten, die er sucht. (Ob diese Vorstellungen Erfüllung finden, sei noch dahingestellt.) Mensch hat kaum noch eine Vorstellung, was es heißt, einem Menschen zu begegnen. Einem, der einfach nur Mensch ist und uns selbst die Möglichkeit gibt, einfach Mensch zu sein. Das ist schon Kunst in sich. Mensch hat kaum eine Vorstellung davon, doch ganz viel Sehnsucht danach. Die wiederum kann nur gestillt werden, wenn mensch sich vertrauensvoll öffnet. Wäret Ihr dazu bereit?

Meiner Freundin ging es nach unserem Austausch gestern sehr viel besser. Tagsüber hat sie selbst viel dazugetan. Sie hat festgestellt, dass Drachen steigen lassen den Kopf lüftet und der Blick in den wolkenbewegten Himmel sehr gut tut. Sie hat einen Regenbogen als das Wunder gesehen, das er ist. Sie hat Dinge bewusster wahrgenommen, getan und dabei sich selbst ein Stück mehr gefunden. Ich habe ihr all das im Austausch nur vor Augen geführt, ein paar weitere Impulse gegeben. Unser Austausch endete dann doch noch mit einer Definition. Sie definierte mich, das eben Erlebte für sich, was einen großen Unterschied macht. Ich war für sie da, sie sah sich bzw. ihre Situation selbst klarer, sie fühlte sich besser, Anspannungen wichen, manches in ihr begann wieder zu fließen, sie hatte Ideen, wie es als nächstes, Schritt für Schritt weiter gehen kann. Ich sah, fühlte, spürte das alles und in mir setzte diese Freude ein, die mir anzeigt, dass eine große Hürde genommen und der andere wieder freier ist. Und während ich mich für sie freute, schrieb sie mir „Du bist einfach… unglaublich, der Hammer, so geduldig, liebevoll, raumgebend…“

Bin ich nun Medium? Heilerin? Freundin? Hochbegabt oder-sensibel? Bin ich einfach nur ein guter Coach oder eine, die kinderlose Mutter ist und wurzelgebend Flügel verleiht? Wenn Ihr mögt, findet es für Euch heraus, wie Ihr mich definieren wollt.
Ich, ich bin Mensch. Und das ist meine ganze Kunst.

Carinafür mich

Danke, liebe Pilgerfreundin, dass Du Dich so mutig Deinen Prozessen stellst und ich Dich begleiten darf.
(www.hoffmann-coaching.de)

Danke, liebe Carina, für das schöne Foto, das während einer ebenso intensiven gemeinsamen Begegnung entstand.
(www.gluecksbegleiterin.de)

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