Komfortzone einmal anders oder Ist die Welt schlecht, weil wir uns nicht gut behandeln lassen?

Gepostet von am Nov 9, 2014 in GeDANKEnwelt

Unter Komfortzone stelle ich mir, aufgrund der Wortbeschaffenheit, immer einen Ort vor, wo es kuschlig warm ist, gebratene Hühner herumfliegen, die auf Geheiß zum Diwan geflattert kommen, auf dem sie keine Fettflecken und kein schlechtes Gewissen hinterlassen. Der, dessen Bauch sie füllen, fällt dann gesättigt auf goldene Kissen und macht einen zufriedenen Verdauungsschlaf. Solange, bis er wieder Hunger hat und auf Geheiß von weichen Polstern aus neues, von Zauberhand zum Verzehr hergerichtetes Flugtier ordert. Nun könnte ich ohne weiteres die Situation ebenso blumig und um einiges aktueller mit den Worten Couch, Smartphone, Tofu, westliche Welt oder ähnlichem umschreiben. Komfortzone scheint auf den ersten Blick etwas zu sein, wo Mensch sich wohlfühlt, es ihm rundum gut geht. Weshalb sonst sollte er sich so schwer tun, ebenjene Zone zu verlassen, den Blick zu öffnen für die Dinge, die außerhalb seiner Komfortzone existieren, sich auf den Weg zu machen, neue Ufer zu erkunden, andere Wege zu beschreiten?

Mal Hand aufs Herz. Wer von uns westliche Welt-Menschen, die eine Couch und ein Smartpohne besitzen, die in den meisten Fällen nie Hunger leiden und nachts in Frieden schlafen können, fühlt sich wirklich wohl? Wem von uns geht es so richtig rund um gut? Wer von uns führt ein Leben, an dem es nichts, aber auch überhaupt nichts auszusetzen gibt, weil wir zufrieden, glücklich und in Freude sind? Ist es nicht eher so, dass Komfortzone ungeschickt gewählt ist und sich deshalb so wenige Menschen aktiviert fühlen, lesen sie immer wieder und häufiger davon, die ihrige verlassen zu sollen, damit diese Welt ein besserer Ort wird, den sich so viele von uns wünschen? Wäre ein Begriff wie Gewohnheitskreis nicht passender? Oder die Umschreibung: „Rahmen, in dem das Bild von Leben sicher scheint“?

Auf diese Gedanken brachte mich eine Erinnerung, die mich bei meinem Morgenkaffee überkam. Mir fiel eine Bekannte ein, mit der ich vor geraumer Zeit etwas intensiver zu tun hatte. Ich bekam die Ausläufer ihrer Trennungsphase vom letzten Partner mit, während ich mich mit meiner letzten Trennung beschäftigen musste. Ich war emotional noch sehr angeschlagen, während sie vermeintlich über die Trennung und den Mann als solches hinweg war. Wir führten einige Gespräche miteinander, in denen ich versuchte, das maximale Erfahrungspotential aus meiner sehr kurzen, doch umso intensiveren Beziehung zu erkennen. Meine Bekannte wiederum geizte nicht mit den Erkenntnissen, die sie aus der ihren gezogen hatte. Die lassen sich schlicht so formulieren: Männer sind primitiv, zu nicht viel zu gebrauchen, maximal gut im Bett, wenn frau Glück hat. Ihr letzter war, bis aufs Bett, ein absoluter Fehlgriff und sie sei nun wiederum so gereift, erwacht und aufgestiegen, dass sie solch Lebensbegleitung generell in Frage stellte. Fürs Bett finde sich ja immer wieder was, wenn denn mal weibliche Hormone um sich greifen sollten. Ähnliches (bis auf die Bettszenen) ließ sie auch über meinen letzten Partner verlauten, denn die beiden kannten sich schon länger. Ihren Partner kannte ich nur sehr flüchtig, von meinem hatte ich nur eine leise Idee, wer er wirklich war. Doch beide Männer fand ich nur sehr bedingt in ihren Schilderungen wieder. Mehr als einmal beobachtete ich mich dabei, wie ich erst meinen ehemaligen, dann den ihren und zum Schluss Männer im Allgemeinen in Schutz nahm. Mit Verlaub, so dumm und unnütz, wie sie meinte, dass Männer seien, ist noch nicht mal ein Blatt, dass sich vom Wind getragen, zu Boden gleiten lässt. Im Gegenteil. Seit Jahren wächst meine Wertschätzung für Männer. Mehr und mehr korrigiere ich mit Freude mein, durch die Kindheit sehr demoliertes Männerbild. Selten äußerte ich meine Meinung gegenüber meiner Bekannten laut, was nicht zuletzt daran lag, dass diese wenig relevant zu sein schien, da ihre Meinung meist die einzig wahre war. Einmal jedoch, bat ich sie laut und sehr bestimmend darum, nicht mehr in solch abschätziger Art und Weise über meinen ehemaligen Partner zu sprechen, dazu hätte, wenn überhaupt, nur ich das Recht und wie ich mittlerweile befand, keine Veranlassung. In Folge dessen sprachen wir nie wieder über ihn.

Wie diese Episode mich nun dazu bringt, mich mit Komfortzonen zu beschäftigen bzw. zu mutmaßen, dass es vielleicht kaum einem Menschen auf der Welt wirklich gut geht, gleich in welcher Zone er sich befindet? Schlicht und ergreifend der Schluss dieser Episode: Meine Bekannte ist wieder mit ihrem Partner zusammen, während, bis auf einen, keiner meiner ehemaligen Partner ein Wort mehr mit mir wechselt. Daraus ergeben sich mir heute Morgen folgende Fragen: Wollen Menschen schlecht behandelt werden? Oder sind wir es nur derart gewöhnt, schlecht behandelt zu werden, dass wir uns zwar wünschen, wir mögen gut behandelt werden, tritt dies dann aber ein, können und wollen wir nichts damit anfangen?

Wertschätzung vs. Komfortzone. „Behandle mich schlecht. Ich liebe dich zwar nicht dafür, doch ich bleibe bei dir.“ Wenn unser „Gewohnheitskreis“, unser „Rahmen, in dem das Bild von Leben sicher scheint“ tatsächlich so funktioniert, geht es uns dann wirklich gut? Und wenn meine Überlegungen stimmen, lautet nicht zuletzt eine Schlußfolgerung: „Wer sich schlecht behandeln lässt, handelt schlecht.“? Wenn dem so ist, wie soll diese Welt dann anders, besser sein, ist sie doch nur ein Spiegel oder die Summe der Konsequenzen unseres Handelns? Oder hat meine Bekannte ihre Meinung über Männer komplett geändert und beide sind miteinander glücklich, bis dass der Tod sie scheidet? Wohl an, die Hoffnung stirbt vielleicht zuletzt.

Komfortzone

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