Die Welt ist ein Irrenhaus und jeder von uns hat seinen Anteil

Gepostet von am Jul 16, 2016 in GeDANKEnwelt

Ich weiß nicht, was gut und richtig ist, weiß maximal nur, was sich für mich gerade in dem Moment so anfühlt. Ich habe Ideen von einer besseren, friedlicheren Welt, in der Menschen sich keine Gewalt antun und jedes andere Lebewesen ebenso wertvoll zu schätzen wissen wie sich selbst. Viel zu oft fehlen mir Taten, ergreife ich gefühlt zu wenige Möglichkeiten, diese Welt aktiv zu einem besseren Ort zu machen, also sie, die große Welt da draußen. In mir, mit mir arbeite ich jeden Tag, manchmal bis zur Erschöpfung, ohne zu bemerken, dass ich mich überarbeite und die Freude am Leben und die Leichtigkeit wieder zu verlieren scheine. Ich tänzele zwischen Un- und Tätigkeit, geduldigem den Dingen ihren Lauf lassen und ungeduldigem am Gras ziehen, damit es schneller wachsen möge. Ich bin eben der Mensch, dem ich morgens recht gern und in Frieden einen „Guten Morgen“ wünsche.

 

Nizza, Türkei, Pokemon Go und andere Verrücktheiten

 

Und heute? Da ist mal wieder mehr als deutlich, dass diese Welt ein Irrenhaus ist. Nicht nur die in mir, in der es oft genug herrlich chaotisch, nicht immer friedlich, aber fast immer gewaltfrei zugeht. In der Welt da draußen, wo gerade noch Millionen gemeinsam Fußball feierten, sterben Menschen durch Amok, Terror, im Namen irgendeines Gottes, des Friedens oder fangen mit Smartphones vorm Gesicht fiktive Monster in der realen Welt. Die Welt der Menschen ist so irre, dass es fast schon zum Lachen wäre, gäbe es nicht all die Gewalt, all das Sterben und Wegschauen, das Verhungern lassen und Ausbeuten, das Unterdrücken, während wir ebenso beten, hoffen, glauben wünschen, all das möge aufhören, sich ändern, nicht oder anders stattfinden.

 

Die Krone der Schöpfung?

 

Wir Menschen sind eine seltsame Spezies. Ich glaube nicht, dass wir die Spitze der Evolution sind, kann mir jedoch gut vorstellen, dass wir einen großen Einfluss auf die Geschehnisse dieses Planeten haben. Wie die Bienen, Ameisen und Millionen andere Wesen ebenso, doch das jetzt nur am Rande. In meinem Begreifen der Dinge sind wir nicht die Krone der Schöpfung, doch in umfassendem Maße in der Lage, unser Dasein in Bezug zu allem zu setzen. Ob Rehe oder Bäume das auch tun, weiß ich nicht. Wir Menschen sind mit der Kombination von Verstand, Gefühl und der Fähigkeiten zu Begreifen jedenfalls dafür ausgelegt. Erschreckend oft, in welch kleinem Kontext wir es meist tun.

Gott ist gut, so lange geschieht, was einem in den Kram passt. Glaube ist nötig für den inneren Frieden, so lange jeder den eigens bevorzugten unterstützt. Demokratie, Macht, Wirtschaft, Politik, jegliche Formen von Gewohnheiten, das eigene Seelenheil – mit all diesen Begriffen könnte ich so fortfahren. Ich könnte die Begriffe Toleranz, Akzeptanz, Einheit, Individualismus, Wachstum und was weiß ich noch ins Feld führen, um aufzuzeigen, wo es im menschlichen Gemeinschaftsgetriebe hakt und schleift bzw. was wo verändert werden müsste. Doch ich bin es müde, den gutgemeinten Tätigkeiten des Belehrens oder Aufklärens nachzugehen. Fürs Mut machen fehlt mir manchmal der Glaube an die Hoffnung oder schlicht der Durchblick. Ich lebe. So, dass ich morgens gern in den Spiegel schauen und ein liebevolles, friedliches „Guten Morgen“ verlauten lassen kann.

 

 

„Die Welt ist ein Irrenhaus. Und wir alle haben Anteil daran.“

 

postete ich heute Morgen auf Facebook. Zwei Menschen schrieben dazu, dass sie nicht sähen, welchen Anteil sie daran haben sollten. Ich weiß nicht, ob sie es lustig, fragend oder ernst meinten. Ich habe nicht nachgefragt, doch noch tiefer in mich hinein gespürt und bekräftige:

Ja, auch ich habe Anteil an all dem Irrsinn auf der Welt.

 

Ja, ich. Obwohl ich meditiere, Yoga mache, kein Fleisch esse, friedlich und wertschätzend mit allem und jedem umgehe, so gut ich eben kann. Ja, ich habe meinen Anteil, weil ich manchmal zu faul bin, das Rad zu benutzen und das Auto nehme und im Supermarkt, statt im Bioladen einkaufe. Ja, ich habe meinen Anteil, weil ich manchmal lieber mit Freunden ein Bier in der Kneipe trinke, statt früh ins Bett zu gehen und am Morgen zu Meditieren und Yoga-Übungen zu machen. Ja, ich habe meinen Anteil, weil ich mich ein Stück weit aus vielem herausgenommen habe, um mich wieder zu finden und noch nicht wieder komplett dort eingetaucht bin, wo ich vielleicht sein soll, weil ich noch nicht weiß, ob ich das wirklich will. Ich habe meinen Anteil, weil ich mir noch zu selten gestatte, meine Meinung zu äußern (auch wenn ich oft denke, die Welt wäre weniger irre, hielten wir mit unseren Meinungen mehr hinterm Berg und sagten stattdessen nur wirklich wichtige Dinge). Ich halte noch zu oft die Füße still, weil ich unsicher bin, ob mein Auftreten angemessen, erwünscht oder friedensstiftend ist, weiß ich doch um die Kraft, die es haben kann. Ich bin trotz meines großen Herzens zu oft Kopfmensch, weil ich mich zu sehr von den Erfahrungen bremsen lasse, die mir zu vermitteln schienen, Kopf sei gefragter als Herz. Damit und mit vielem mehr habe ich meinen Anteil an diesem Irrenhaus Welt, denn ich lasse zu, dass Menschen verhungern oder ertrinken, sich körperliche oder seelische Schäden zufügen. Ich lasse es zu, weil es mir manchmal zu groß erscheint, ich keine Lösung weiß oder schlichtweg zu feige bin, etwas zu tun.

Wer von sich behaupten kann, er hätte an all dem keinen Anteil, der möge sich mir bitte als Meister zur Verfügung stellen, einen Arzt aufsuchen oder so weiter machen wie bisher. All jene, die sich Anteil habend sehen und es besser machen wollen, bitte ich, sich zu zeigen, damit wir voneinander lernen, uns Mut machen und aufmuntern können, damit wir doch immer wieder an das Gute im Menschen glauben können.
Ich weiß nicht, ob die Menschheit untergeht oder doch noch die Kurve bekommt, aber ich weiß: ich habe daran meinen Anteil.

 

Irrenhaus Welt

Photo: Alexas | pixabay.com

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