Gepostet von am Mrz 28, 2016 in GeDANKEnwelt

Mit Tränen in den Augen sitzt sie vor mir. Ihre Schultern beben und zeugen von der inneren Aufruhr, die in ihr tobt. „Ich habe doch nichts, besitze nicht viel.“

Sie schaut auf ihre leeren Hände, die so zart und kraftvoll gleichermaßen sind. Sie betrachtet ihre Handinnenflächen und ihr Blick verrät, dass sie zwar um die Leere, aber auch um die Schönheit weiß. Und doch spüre ich eine tiefe Traurigkeit und Verzweiflung, die sich nun in Sturzbächen von Tränen Bahn brechen, die über ihr sonst so sanftes Gesicht fließen. Ihr Atem ist schwer, doch regelmäßig. Wie stark muss dieser Mensch sein, der diesen inneren Kampf derart ruhig ausficht.

Sie weint still und ihre Tränen sind ihr in diesem Moment nicht peinlich. Sie weint sie so innig und akzeptierend, wie sie alles andere tut. Sie steht in ihrem ureigenen inneren Feuer und mein Respekt für diesen Menschen wächst ins Unermessliche.
Der nächste Satz, der ihre Lippen verlässt, trifft mich zutiefst. In seiner Kürze und ozeantiefen Wahrheit beschreibt er nicht nur diesen wundervollen Menschen vor mir und ihren inneren Reichtum, sondern wie arm die Menschheit geworden zu sein scheint. Die Tatsache, dass sie in diesem Augenblick nur von sich und ihrem gerade so tragisch empfundenem Unglück spricht und sie dennoch die Stimme aller Seelen sein könnte, erschüttert mich bis ins Mark.

„Ich habe doch nichts, das ich geben kann. Nichts außer meiner Liebe.“

Fragmente Liebe

Photo: werner22brigitte | pixabay.com

 

1 Kommentar

  1. 3-29-2016

    Liebe Frau Hippe,
    ich freue mich sehr, Ihre Fragmente zu lesen. Sie machen Hoffnung und mein Gefühl der Getragenheit durch Ihre Texte stellt sich in gewohnt verlässlicher Weise wieder ein. Immer wieder und ich kann getrost dieses kleine „wieder“ streichen, „immer“ ist stark genug, alleine zu stehen.
    Wie gut, dass es diese beiden Fragmente geschafft haben, auf’s Papier zu kommen. II macht mir Mut, das I zu leben – I gibt mir die Gewissheit auf II.
    Und beide Fragmente kenne ich als Dokumente meines Lebens. Ich und der Andere – sind das die beiden Fragmente? Wann entsteht dann Einheit in sich und mit sich? Ist unser fragmentarisches Leben ein vielfältiges oder ein unvollendetes Leben?
    Ich bin von der hoffnungsvollen Vielfältigkeit überzeugt.
    Wenn die Erde trocknet, ist Sorge angebracht.
    Wenn die Tränen trocknen, ist Freude angebracht.
    Manchmal müssen wir mit unseren Tränen die Welt befeuchten auf dass sie erblüht.

    Und noch etwas freut mich an Ihren Fragmenten.
    „Kunst obersten Anspruchs drängt über Form als Totalität hinaus, ins Fragmentarische.“ (Adorno)
    Machen Sie Ihre Kunst!
    Viele Fragmente in einem neuen Buch!
    Schreiben Sie über – falls es ein neues Buch geben sollte – über Ihr Projekt „Buch II“ auf Ihrer Website.
    Unterstützung in vielfältigen Formen und Inhalten wird sich einstellen. Es gibt viele Menschen, die Ihre Texte mögen und Neues erfahren möchten. Damit das alles gelingt schreiben sie vom allmählichen Gelingen.
    Ich bin bereit, auch materiell zu helfen.
    Ihr Jürgen Rade

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